Zur Geologie der ehemaligen Provinzial-Steinbrüche Drewer
Der östliche Provinzialsteinbruch Drewer ist nach Ansicht der Geologen einer der wichtigsten Aufschlüsse im Rheinischen Schiefergebirge. Er weist in einmaliger Weise eine derartige Fülle von geologischen Merkmalen auf, dass von ihm im 20. Jahrhundert weit über die deutschen Grenzen hinaus Impulse für die Geologie ausgegangen sind. Für die Lehre und Forschung bildet der Steinbruch ein äußerst wichtiges Demonstrations- und Studienobjekt.
Die Gesteinsschichten
Besonders die Nordwest- und Nordwand des Steinbruchs vermitteln einen guten Überblick über die Schichten des tiefen Oberdevons bis mittleren Unterkarbons. Die Devon/Karbon-Grenze ist an den Steinbruchwänden durch einen deutlichen Umschlag in den Farbtönen (grau, graubraun, rötlichbraun zu schwarz, schwarzgrau) zu erkennen. Von der Nordwestwand wurde 1971 ein Vertikalschnitt erstellt. Da die in der Schnittzeichnung verwendete Nummerierung der Bänke auch heute noch an der Nordwestwand vorhanden ist, kann man sehr leicht den Schnitt mit der betreffenden Gesteinswand vergleichen.
Die Gesteinsarten
Die einzelnen Gesteinsschichten sind durch Wechsellagerungen sehr unterschiedlicher und voneinander zum Teil krass abweichender Gesteinsarten leicht zu erkennen.
Die oberdevonischen Schichten setzen sich vorwiegend aus Knollenkalksteinen zusammen, in die sich im höheren Oberdevon zunehmend Schwarzschieferlagen einschalten. Das Oberdevon bleibt karbonatisch bis in die Wocklumstufe hinein. Die Hangenberg-Schichten, welche die Devon/Karbon-Grenze enthalten und etwa 3 Meter mächtig sind, sind durch schwarze Alaunschiefer, graublaue kalkhaltige splitterige Tonsteine und graue Sandsteine gekennzeichnet.
Der darüber folgende, schon ganz dem Unterkarbon angehörende, ebenfalls 3 Meter mächtige Gattendorfia-Kalkstein setzt sich aus grauen, braun verwitternden Knollenkalksteinen und Kalkknotenschiefern zusammen. Über kalkhaltigen Tonsteinen und Alaunschieferschichten folgt der Horizont des Erdbacher Kalkes. Er setzt sich aus zwei bis drei dicken grauen, 1o bis 30 Zentimeter mächtigen Kalksteinbänken und Zwischenlagen eines schwarzen geschieferten Tonsteines zusammen. Der Erdbacker Kalk fällt durch seine eigelbe Verwitterungsfarbe leicht ins Auge und bildet ein gut erkennbares Leitband. Darüber lagert dann noch eine Abfolge von dunklen harten Tonsteinen, grauen und schwarzen Lyditen, Kieselschiefern und Kieselkalken mit zahlreichen dünnen vulkanischen Zwischenlagen. Die Gesamtmächtigkeit der an der Nord- und Westwand erschlossenen Schichten beträgt etwa 40 Meter.
Die Gesteinsarten ändern sich abrupt an der Nordostwand kurz vor dem Anstieg zur höheren Gesteinssohle. Dort sind die einzelnen Schichten derart verkieselt worden, dass von den oben beschriebenen Gesteinsmerkmalen nichts mehr vorhanden ist. Alle oberdevonischen Gesteine sind zu einem äußerst festen hornsteinartigen Quarzfels umgewandelt. Die Verkieselung beruht auf der Zufuhr kieselsäurehaltiger heißer Wässer, die vor langer Zeit von unten her aufsteigen, die Gesteine infiltrierten und bis zur Unkennbarkeit verändert haben. Auch heute noch speisen salzige Quellen den Steinbruchsee im westlichen Provinzialsteinbruch Drewer und in streichender Fortsetzung nach Westen das Kaiser-Heinrich-Bad.
Das verkieselte Gestein wurde früher für Straßenbauzwecke abgebaut, und dann entstanden die zahlreichen Aufschlüsse zwischen dem Kaiser-Heinrich-Bad und Drewer.
Abbauwürdig war das Gestein dann, wenn es fest und zäh, aber nicht scherbig-spröde war, in hoher Wand anstand und von nicht zu umfangreichem Abraum bedeckt wurde. Zum Abraum wurden die unterkarbonischen Gesteine, also Alaunschiefer, Lydite, Kieselschiefer, Kieselkalke gezählt. 4 bis 5 Meter Abraum wurde vom letzten Steinbruchbetreiber (Köster, Warstein) noch hingenommen. Das abbauwürdige Quarzgestein steht in auch heute noch gut sichtbaren Verkieselungsdomen an.
Die Gesteinslagerungen
Beide Drewer Steinbrüche gehören einer Aufwölbungsstruktur, dem Belecker Sattel, an. Neben dieser großen Faltung, die den Gesteinsschichten nach Norden und Süden abfallen lassen, gibt es noch eine Reihe von Kleinfalten. An der Nordwand des östlichen Provinzialsteinbruchs sind einige Kleinfalten besonders gut sichtbar. Sie wurden über Jahrzehnte von den Geologen kontrovers diskutiert.
Heute glaubt man, dass diese Strukturen keine echten Faltungen sind, sondern durch schon während der Ablagerung der Schichten zustande gekommene Rutschungen entstanden sind.
Im Jahre 1974 wurde auf der unteren Sohle des östlichen Provinzialsteinbruchs eine Bohrung niedergebracht. Sie wies in etwa 100 Metern Tiefe Massenkalk nach, also dasjenige Gestein, welches in den Warsteiner Steinbrüchen abgebaut wird. Massenkalk besteht aus dem Schnitt unzähliger Rifforganismen.
Es hat also in Belecke während des Mitteldevons ein Korallenriff gegeben, auf welchem später die heute in den Steinbrüchen sichtbaren oberdevonischen und unterkarbonischen Schichtungen abgelagert wurden.
von Helmut Fröhlich
in: “250 Jahre St. Hubertus-Kirche Drewer” (1987)