Der 30-jährige Krieg und die Hexenverfolgung
Die Städte und Dörfer unserer näheren Heimat haben unter den Kriegswirren maßlos gelitten. Ohne dass Drewer irgendwo namentlich erwähnt wird, darf man davon ausgehen, dass der tolle Christian auch Drewer mehrfach heimgesucht und hier “keinen Stein auf dem anderen” gelassen hat.
Die Leiden des Krieges wurden noch verstärkt durch den Hexenwahn, der sich in der hiesigen Gegend austobte. Kaum eine Familie wurde davon verschont; man brachte sich gegenseitig in den Verdacht, mit dem Teufel im Bunde zu stehen.
Hexenprozesse auch bei Kindern
Die Verdächtigungen machten nicht einmal vor Kindern halt. Aus dem umfangreichen Prozessmaterial sei hier nur ein Beispiel gegeben: Dorothee, ungefähr 11 Jahre alt, war dem Rat der Stadt Rüthen vorgeführt worden. Sie stammte aus Drewer. Die Kortische war ihre Großmutter. Zu ihren Gespielinnen gehörte auch Elsken, des Niggennabers Tochter zu Drewer.
Ein Zusammensein mit Elsken hatte zu der Bezichtigung mit dem Hexenlaster geführt. Dorothee hatte im Sommer 1616 dem Korten seine Immen (Bienen) gewahrt. Gesellschaft leistete ihr dabei Nigennabers Elsken. Elsken hatte Äpfel mitgebracht und auch Dorothee einen Apfel angeboten. Gern nehm sie den Apfel und biss herzhaft hinein. Als sie den Apfel bereits bis auf das Kerngehäuse aufgegessen, fing Elsken an zu schäkern, wie Kinder so sind. Sie drängte Dorothee, auch das Kerngehäuse aufzuessen, denn das sei doch das beste am Apfel. Dorothee sträubte sich, und nun wurde sie, wie es im Ratsprotokoll heißt, von Elsken mit Schlägen dazu gezwungen, und die Mengeln hätten so bitter wie “rhoutt” geschmeckt.
Befragung vom Hexenrichter unter Folter
Man darf annehmen, dass der Vorfall sich tatsächlich unter den Kindern so abgespielt hat. Jetzt aber, unter den “peinlichen” (unter Anwendung der Folter) Befragung durch den Hexenrichter aus Rüthen entwickelte sich die Geschichte so: “Spring zurück”, so habe Elsken gesagt, “dreimal und versuche Gott und seine Heiligen!” Sie, Dorothee, habe das ebenfalls getan, und da habe der leibhaftige Teufel alsbald vor ihr gestanden und habe sie angelacht. Seitdem sei der Böse ihr auf allen Wegen nahgegangen, wäre sie allein zu Hause gewesen, hätte er sich auch eingestellt und sie gezwungen, Böses zu tun. Zweimal habe der Böse sie auf den Tanzplatz geführt. Da wäre viel Volk von Weibern gewesen und auch viele Teufel. Der Tanzplatz habe in einem weiten grünen Wald gelegen, die Teufel seien rot, blau und schwarz gewesen. So geht die Befragung weiter und der Hexenrichter bekommt alle Antworten, die zu einer Verurteilung erforderlich sind.
Über die Ideenwelt der damaligen Zeit kann man nur staunen. Der Ausgang des Prozesses bleibt ungewiss, weil das Protokoll abbricht. Man darf aber davon ausgehen, dass der Vorfall mit der Verbrennung des unglücklichen minderjährigen Opfers endete. Alle Hexenprozesse endeten so, sei denn der Angeklagte kam mit einem Selbstmord der Hinrichtung zuvor.
Hexenprozesse: Grausamer Wahn
“Wer sich in die Geschichte der Hexenprozesse vertieft, betritt eine Welt ohne Licht und Wärme, eine Welt, wo nur Schmerz und Trauer und Verzweiflung, kalter Hass und blindes Vorurteil herrschen. Dass in der christlichen Welt damals ein derart grausamer Wahn sich hat austoben können, ist ein Geheimnis, vor dem man schaudert”, so der holländische Jesuit Zwetsloot.
von Helmut Fröhlich
in: “250 Jahre St. Hubertus Schützenverein Drewer” (1982)